Ob Österreich, Italien oder Frankreich - in den meisten Nachbarländern bekommen Mobilfunkkunden deutlich mehr geboten für weniger Geld. Und die Deutschen sind die Dummen. Wie kann das sein?
Wir machen einen Selbstversuch. Wir wollen einen Handyvertrag, mit dem wir telefonieren können. Aber vor allem möchten wir möglichst viel Datenvolumen zum Surfen im Internet. Doch was braucht man heutzutage eigentlich?
Jemand, der die neuen Medien oft und gerne nutzt, der mit Smartphone und Apps im Internet unterwegs ist, der Videos über das Netz schaut, der bei Facebook unterwegs ist, der sollte meiner Meinung nach keinen Tarif wählen, bei dem er weniger als 6 Gigabyte im Monat zur Verfügung hat." Florian Regensburger, BR-Netzwelt
Und was bekommen wir angeboten?
Wir fragen bei den drei deutschen Netzbetreibern nach: Vodafone, T-Mobile und O2. Unser Budget liegt bei ungefähr 30,00 Euro im Monat. Im Vodafone-Shop rät man uns zum Tarif Vodafone Red S. Den gibt es hier für 29,99 Euro. Das Datenvolumen beträgt ein Gigabyte. Für das T-Mobile-Netz bietet man uns den Tarif Magenta Mobil S an. Die Kosten liegen hier bei 29,95 Euro, das Datenvolumen ebenfalls bei einem Gigabyte. Bei O2 ist es etwas billiger: 24,99 Euro kostet der O2 Free S. Dieser Tarif beinhaltet aber auch nicht mehr als ein Gigabyte. Für die uns angebotenen Smartphone-Verträge würden wir also in Deutschland zwischen 25,00 und 30,00 Euro zahlen. Und bekommen dafür nur ein Gigabyte Datenvolumen.
50 Gigabyte in Frankreich
Jetzt der Blick über die Grenzen. Wir sind in Straßburg. Mit einem Gigabyte lassen sich die Franzosen von ihren Netzbetreibern nicht abspeisen. Die meisten haben hier rund 20 Gigabyte Datenvolumen. Bei Bouygues Telekom, einem der vier französischen Netzbetreiber, zahlt man für einen Mobilfunkvertrag mit 20 Gigabyte einen Preis von 29,99 Euro pro Monat. Soviel also wie bei uns für 1 Gigabyte. Doch es wird noch besser: Bei Free, dem jüngsten französischen Netzbetreiber, der den Markt mit Kampfpreisen aufmischt, bekommen wir sogar 50 Gigabyte angeboten. Und das zu einem Preis von 19,99 Euro. Das heißt: 50 Gigabyte in Frankreich sind billiger als 1 Gigabyte in Deutschland.
Werden die Deutschen abgezockt? Oder welche Erklärung gibt es für die großen Preisunterschiede? An der Universität Duisburg-Essen hat man das untersucht. Ein wesentlicher Grund: In Deutschland gibt es geringe Konkurrenz.
"Der deutsche Mobilfunkmarkt hat ja jetzt nur noch drei Anbieter seitdem im Jahre 2014 formal der Zusammenschluss von Telefonica und E-Plus vollzogen worden ist. Und das hat dem Wettbewerb nicht gut getan. Wir sind im internationalen Vergleich zwar führend was den Ausbau mit neuen Netzen angeht, aber wir sind auch führend, was hohe Preise angeht." (Torsten J. Gerpott,Universität Duisburg-Essen)
Hohe Preise - wenig Wettbewerb. Das zeigt auch der Blick auf die Marktanteile. Die sind nahezu gleich groß. Jeder der drei Anbieter hat rund ein Drittel. Und offensichtlich tut kein Netzbetreiber dem anderen weh.
Alles anders in Österreich
Was ein funktionierender Wettbewerb ausmacht, sieht man auch am Beispiel Österreich. Hier amüsiert man sich über die Handyverträge der Deutschen. Kein Wunder: Denn die österreichischen Mobilfunkkunden haben in der Tat gut Lachen. Schon die Werbung in den Schaufenstern zeigt, dass hier einiges anders läuft: „Mehr Gigabyte. Mehr Heiterkeit.“ Wir lassen uns bei DREI beraten, dem jüngsten Netzbetreiber in Österreich, der ähnlich wie Free in Frankreich den Markt aufmischt. Hier gibt es für 31,20 Euro volle 39 Gigabyte Datenvolumen.
Schnäppchenpreise in Italien
Wir fahren noch ein Land weiter - nach Italien. Mindestens drei Gigabyte bekommen wir für 30,00 Euro überall. Und am meisten geboten wird uns bei Tre Italia. Hier gibt es 30 Gigabyte für nur 15 Euro. Das Ergebnis unserer Recherche-Reise: ein Gigabyte in Deutschland, 39 GB in Österreich, 30 GB in Italien und sogar 50 GB in Frankreich – und das zum Teil für deutlich weniger Geld. Krasser könnten die Unterschiede kaum sein.
Besserung in Sicht?
Schließlich sollen ab Sommer 2017 die sogenannten Roaming-Gebühren wegfallen - also die Aufschläge für die Nutzung im Ausland. Kann man dann die günstigeren Tarife aus den Nachbarländern auch bei uns dauerhaft nutzen? Die klare Antwort: Nein. Einen Anbieter aus dem Ausland wird man auch künftig nicht nutzen können. Und das will die EU-Kommission derzeit auch gar nicht. Gegenüber dem Bayerischen Rundfunk bestätigt sie, dass das kostenlose Roaming nur für Reisende gedacht ist.
Die von der Kommission vorgeschlagenen Entwürfe für faire Nutzungsregeln beruhen auf dem Grundsatz des Wohnsitzes oder der stabilen Verbindung, den europäische Verbraucher mit jedem EU-Mitgliedsstaat haben können." (Stellungnahme der EU-Kommission)
Im Klartext: Einen europaweiten Wettbewerb auf dem Mobilfunkmarkt soll es gar nicht geben.
Quelle: BR24 / Martina Schuster
Kurzzusammenfassung
Ob Österreich, Italien oder Frankreich - in den meisten Nachbarländern bekommen Mobilfunkkunden deutlich mehr geboten für weniger Geld. Und die Deutschen sind die Dummen. Wie kann das sein?