Ein Glas Leitungswasser zum Kaffee? Bekommt ihr normalerweise im Restaurant in Deutschland kostenlos dazu. Aber nicht im neuen Restaurant von Til Schweiger. Der möchte dafür knapp zwei Euro - und für eine große Karaffe 4,20 Euro.
"Barefoot Deli" heißt das Restaurant von Schauspieler Til Schweiger in Hamburg. Und "Barefoot Water" heißt das Wasser, das ihr dort serviert bekommt. Ist stinknormales Leitungswasser, aber "Barefoot Water" klingt natürlich besser. Und wo gutes Marketing im Spiel ist, da kann man ja auch mal etwas mehr verlangen, oder?
Til Schweiger findet den Preis für sein Leitungswasser "absolut in Ordnung und human". Das Restaurant erklärt den Preis:
Wir schenken 'Hamburg Wasser' aus, das je nach Wunsch still oder mit Kohlensäure versetzt wird. Das Leitungswasser ist zum Teil kalkhaltig und wir lassen deswegen unser Wasser durch ein gutes Filtersystem laufen. Dann bekommen es unsere Gäste veredelt auf den Tisch." (Barefoot Deli in der Hamburger Morgenpost)
Rechtlich okay ist der Preisaufschlag für Schweigers Leitungswasser in jedem Fall.
"In Deutschland gilt der Grundsatz, dass erbrachte Dienstleistungen vergütet werden müssen." Dadurch, dass Schweigers Personal das Wasser filtere und auf Wunsch auch mit Kohlensäure versetze, sei "eine Dienstleistung erbracht, aus der ihm ein Vergütungsanspruch erwächst." (Stephan Steinwachs, Gastronomieanwalt)
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Til Schweiger hat mittlerweile mit einem offenen Brief an die Hamburger Morgenpost, die die Geschichte am Montag veröffentlicht hat, geantwortet.
Liebe Hamburger Mopo,
vielen Dank für Euren hochklassigen und investigativen Artikel vom 23.01.2017!
Während in der Weltgeschichte momentan einfach nichts Berichtenswertes passiert, ist es Euch gelungen, Wikileaks ein Thema höchster, gesellschaftlicher Relevanz wegzuschnappen: Der Preis des Wassers in meinem Barefood Deli! Immerhin auf Eurer Titelseite. Da stimmen die Prioritäten! Und was man dann liest, lässt kaum Ansprüche an sorgfältigen Journalismus und gute Recherche offen. Hier ein paar Infos, die herausgekommen wären, wenn Ihr Euch nur ein bisschen Mühe gegeben hättet:
In jeder Gastronomie ist Wasser die Haupteinnahmequelle. Das ist auch okay, denn damit wird nicht nur der Einkauf, sondern auch der Service, das Ambiente, die Gläser, die Bar und in unserem Fall eine Wasseraufbereitungsanlage bezahlt. Das Wasser im Barefood Deli wird (wie Euch bereits vom Service erklärt) gefiltert und veredelt zu Tisch gebracht. Das Gleiche machen übrigens auch einige Markenanbieter. Nur in einem viel größeren Maßstab.
Das Barefood Deli bietet sein Wasser aber nicht, wie in vergleichbaren Restaurants, für sieben oder acht Euro die Flasche an, sondern für vier Euro zwanzig.
Ursache hierfür ist ein Konzept, das in erster Linie durch seine Nachhaltigkeit besticht: Anders als andere Markenwasser reist unseres keine tausend Kilometer über die Autobahn, sondern wird vor Ort gefiltert, veredelt und abgefüllt. Allein der An- und Abtransport einer Flasche vom Großhändler würde einen größeren Co2-Fußabdruck hinterlassen, als jeder Liter, den es im Barefood Deli gibt. Nach dem Filterprozess wird unser Wasser in hauseigene Flaschen abgefüllt. Diese werden übrigens auch gereinigt und wieder verwendet. Wenn man jetzt noch berücksichtigt, dass das Wasser zum Teil noch durch Zugabe von Kräutern oder natürlichen Geschmacksstoffen verfeinert wird, erkennt man das aufwändige Produkt dahinter. Dabei ist unsere Grundlage, das Hamburger Leitungswasser, qualitativ auf dem gleichen Niveau wie teure Markenwasser, die sonst in der Gastronomie ausgeschenkt werden. Nach der Aufbereitung schmeckt es uns sogar noch besser. Wir feiern damit ein Top-Produkt unserer Stadt, auf das ganz Hamburg stolz sein kann!
Zur Preisgestaltung:
Jeder Gastronom kalkuliert pro Produkt einen Deckungsbeitrag. Das ist der Verkaufspreis minus Wareneinsatz. In vergleichbaren Restaurants, in denen einfach eine Flasche auf den Tisch gestellt wird, liegt dieser Deckungsbeitrag zwischen vier und sieben Euro pro Flasche. Wenn man jetzt bedenkt, was wir mit unserem Wasser alles anstellen, bevor es auf den Tisch kommt (filtern, zapfen, veredeln, etc.) und man die dafür erforderlichen Personalkosten einrechnet, liegt unser Deckungsbeitrag am untersten Ende dessen, was in der Hamburger Gastronomie Standard ist. Darüberhinaus verzichten wir, für die oben genannten Vorteile, auf den sonst üblichen Werbekostenzuschuss, den die Markenindustrie für den exklusiven Verkauf ihres Wassers zahlt.
Ihr merkt, ihr seid bei Eurem Artikel inhaltlich etwas an der Oberfläche geblieben. Macht aber nix. Immerhin ist euch einmal mehr gelungen, mit meinem Namen, Auflage für euer Blatt zu generieren. Das gilt übrigens auch für alle anderen Blätter, die diesen belanglosen Quatsch abgepinnt haben. In einer Zeit, in der gegen freie Presse wetternde Populisten, rund um den Globus die Macht an sich reißen, solltet Ihr Euch fragen, ob Ihr mit dieser Art von Journalismus nicht auch einen Beitrag dazu leistet ...
Liebe Grüße
Euer Til
Kurzzusammenfassung
Ein Glas Leitungswasser zum Kaffee? Bekommt ihr normalerweise im Restaurant in Deutschland kostenlos dazu. Aber nicht im neuen Restaurant von Til Schweiger. Der möchte dafür knapp zwei Euro - und für eine große Karaffe 4,20 Euro.