Verboten war das Hitler-Buch "Mein Kampf" in Deutschland nie. Es durfte nur nicht publiziert werden. Das ändert sich mit dem neuen Jahr. Denn die Urheberrechte für das Propaganda-Werk sind ausgelaufen. Die hatte bisher der Freistaat Bayern - und der verhinderte in den vergangenen Jahrzehnten den Druck. Wir klären für euch die wichtigsten Fragen rund um das umstrittene Buch.
1. War "Mein Kampf" bislang illegal?
Nein. Der Besitz des Buches war nicht illegal. Ihr hättet es auch in Antiquariaten und auf Flohmärkten in Deutschland kaufen können oder in Buchläden und Online-Shops im Ausland. Aber es durfte in Deutschland nicht gedruckt werden. Denn dafür hatten die Alliierten nach dem Krieg allein dem Freistaat Bayern die Rechte übertragen - und der hat von einer Veröffentlichung kein Gebrauch gemacht.
2. Darf jetzt jeder das Buch drucken?
Prinzipiell ja. Auch der Freistaat Bayern, der bisherige Rechteinhaber, hatte sich auf die "neue" Situation eingestellt und eine kommentierte Neuauflage vorbereitet - zusammen mit renommierten Wissenschaftlern. Mittlerweile hat die bayerische Regierung sich aber nach politischem Druck aus dem Projekt mit der neuen, kommentierten Version distanziert und 500.000 Euro Steuergelder zurückgezogen.
3. "Mein Kampf" verbieten - ist das eine gute Idee?
In einer aktuellen Umfrage des Forschungsinstituts YouGov hält etwa die Hälfte der Deutschen (51%) ein Verbot für angebracht. Viele Historiker wünschen sich dagegen die kommentierte Version. Der Autor Sven Felix Kellerhoff hatte das vor wenigen Tagen im 'Deutschlandradio Kultur' erklärt:
Aufklärung ist immer besser als Verschweigen! Und man sollte immer zumindest ansatzweise wissen, worüber man redet, wenn man redet. Also unbedingt einen Blick riskieren in das Buch! Und selbst, wenn es schwierig, wenn es herausfordernd, wenn es widerlich ist, was die Lektüre von 'Mein Kampf' ohne jeden Zweifel ist, sollte man sich trotzdem davon nicht erschrecken lassen, denn: Je besser man weiß, worüber man redet, umso besser ist es." (Sven Felix Kellerhoff, Historiker)
4. Kann ich das Buch demnächst ganz normal im Buchhandel kaufen?
Der Buchhandel zeigt sich nach einer Umfrage des Bayerischen Rundfunks bislang noch sehr reserviert. Die großen Ketten wollen das Werk wohl nicht in den Filialen auslegen, aber für Kunden auf persönlichen Wunsch hin bestellen und verkaufen. Der Online-Händler Amazon wird laut eigenen Angaben die Verkaufserlöse für einen gemeinnützigen Zweck spenden.
5. "Mein Kampf" - Thema im Schulunterricht?
Bildungsministerin Johanna Wanka (CDU) fordert die Schulen dazu auf, das Werk auch im Unterricht zu lesen - natürlich in der kommentierten Version. "Diese trage zur politischen Bildung bei und ist entsprechend allgemein verständlich geschrieben", sagt Wanka. Der Bundesvorsitzende des Bildungsverbandes, Udo Beckmann, sieht das Buch aber nicht als Pflichtlektüre an. Er sagte der Bild-Zeitung: "Der Holocaust und die NS-Zeit sind schon lange ein fester Bestandteil des Lehrplans, und Lehrer sind selbstverständlich selbst in der Lage, passende Quellen zu dem Thema herauszusuchen. Dazu gehören Auszüge aus Hitlers Hetzschrift, aber auch aktuelle Veröffentlichungen von Neonazis."
6. War "Mein Kampf" während der Hitler-Zeit wirklich ein Bestseller?
Das Buch hat sich ziemlich gut verkauft - insgesamt waren es rund 12 Millionen Exemplare. Hitler wurde allein durch den Verkauf schon ein reicher Mann. Die Mär vom "ungelesenen Bestseller" stimmt wohl eher nicht. Der Historiker Othmar Plöckinger sagte gegenüber BR24: "Ich habe mir die Ausleihzahlen der Leihbüchereien von damals angeschaut. Man kann zumindest sagen: Im Regal verstaubt ist das Buch nicht."